Christuskirche, Silvester 2022

Die Orgel braust und dröhnt: Wenn Micha Haupt in die Tasten greift, vibriert die Luft. Sie zittert, sie bebt. Der Gesamtklang ist überwältigend. Als die letzten Klänge in der Christuskirche verhallen, brandet Applaus auf. Der Organist braucht einige Augenblicke, um wieder im „Jetzt“ anzukommen und die Standing Ovation genießen zu können - so intensiv war sein Spiel. Dann aber verneigt er sich, gerührt über die ihm entgegengebrachte Wertschätzung. Der Beifall ist eine kleine Gegenleistung für das, was er anzubieten hatte – und das war jede Menge großartige Orgelmusik!
Auffällig von Anfang an: In höchster gedanklicher Konzentration bildete der neue Dekanatskantor des Dekanatsbezirks Kronach-Ludwigsstadt mit der romantischen Steinmeyer-Orgel eine Einheit: mal zärtlich-innig, mal ohne „Schonung“. Dann geht er hart ran und entfacht einen musikalischen Sturm. Sein interpretatorisches Spektrum ist breit gefächert: „alte Musik“ des Barocks bzw. der Romantik solch begnadeter Tonschöpfer wie Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn-Bartholdy oder Léon Boellmann bis hin zu eigenen Improvisationen. All dies brachte er eindrucksvoll zum Klingen - und es war eine helle Freude, ihm dabei zuzuhören. Gerne ließen sich die Zuhörer verzaubern von seinem glänzend beherrschten Spiel, das er von der Empore aus in das Kirchenschiff schweben ließ.
Zum Jahreskehraus hatte Micha Haupt, der seinen Dienst zum 1. November angetreten hat, ein vielseitiges, höchst anspruchsvolles Programm voller Überraschungen und reich an Spannungsbögen zusammengestellt. Damit wollte er, wie er eingangs erläuterte, einerseits die Vielseitigkeit der Steinmeyer-Orgel demonstrieren; andererseits das so vielfach Widersprüchliche des letzten Jahrs in Töne setzen. Beides gelang ihm in Vollendung - in einem Melodienreigen innig-ergriffener Berührtheit, bisweilen aber auch geradezu schmerzhafter Intensität.